Montag, 23. Januar 2012

Hallo Gottschalk!

Zugegebenermaßen: Gottschalk ist einfach ein Sympathieträger. Treuer Ehemann, gläubiger Christ und  einfach so bei sich. Seine neue erste Live Talkshow, die eher einem Mini Smalltalk Stelldichein im dekorierten Wohnzimmer gleicht, war heute im Ersten zu sehen. Bewusst modern, internetaffin und aktuell versuchte man sich zu geben. Zu Beginn diskutiert er kurz die Scheidung von Schmusesänger Seal und Topmodel Heidi Klum. Die Weisheit teilt Gottschalk dabei mit beiden Händen aus. Dabei weiß er eigentlich auch nicht viel mehr als Gala und sonstige Klatschblätter schon am Tag zuvor: Die Ehe ist aus und sein Fazit: eine Ehe zwischen zwei Menschen, die beide im Showgeschäft unterwegs sind, kann nicht funktionieren. Ja, danke für diesen innovative Betrachtungsweise in dieser irrsinnig wichtigen Angelegenheit. Dann kommt Bully Herbig vorbei, um über seinen neuen Film zu reden. Lustigerweise nachdem Gotschalk in nicht enden wollenden Ausführungen erklärt hat was der Zuschauer in der Sendung zu bieten bekommt und auf welche langweiligen Talk-Standards, wie die Besuche von Stars, die eigentlich nur ihre neuen Filme vorstellen wollen, man verzichten darf. Bleibt noch die Frage, warum man Gottschalk in die Kulisse eines Mittzwanziger Wohnzimmers, inklusive Flockati Teppich und Che Guevara Druck an der Wand, gesetzt hat. Um der geringen Authentizität des Studios entgegenzuwirken, könnte man zumindest mal eine dampfende Kanne Tee auf den Tisch stellen. Auch treibt mich die Frage um, warum sich das Erste anscheinend zur Live Show kein Live Publikum leisten kann. Man vermisst die Lacher, die auf Gottschalks Witzchen folgen sollten. So sind wir es aus "Wetten, Dass" gewohnt und ein bisschen Vertrautheit soll dem Zuschauer doch gegönnt sein. Dafür soll anscheinend das Redaktionsteam sorgen, das etwas deplaziert direkt neben der Wohnzimmer Kulisse an ihren Bürotischen sitzt. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Mitarbeiter dafür auch anständig bezahlt werden und nicht aus reinem Stolz an der neuen Sendung zu später Stunde im Studio herumhängen sollen.
Ansonsten gerne in Zukunft weniger ankündigen, versprechen und nach Aufmerksamkeit flehen, lieber einfach machen, denn darin ist Gottschalk gut.

Sonntag, 22. Januar 2012

Dora Heldt und lethargische Programmgestaltung

Wunderbar passend zum ansonsten auch meist öden ZDF Abendprogramm läuft heute die Verfilmung von Dora Heldts Roman "Kein Wort zu Papa"...aus der Programmbeschreibung auf www.tvinfo.de: "Eigentlich will Christine in Ruhe ausspannen, doch ihre lebenslustige Schwester Ines (Anne-Sophie Briest) will mit in den Urlaub. Da erreicht Christine der Hilferuf ihrer Freundin Marleen, ob sie vorübergehend ihre Pension auf Norderney führen könne."
Könnte gut sein, vermutlich allerdings genau so öde wie Heldts Buch "Tante Inge haut ab", das ich mir vor kurzem zu Gemüte geführt habe. Rosamunde Pilcher und Herr Silbereisen lassen grüßen. Da die Öffentlich-Rechtlichen dank GEZ ohnehin nicht so stark auf Werbeeinnahmen angewiesen sind, wie die Privaten, überlassen sie denen dann auch gleich die werbewirksame Zielgruppe der 14-49 Jährigen. In den Öffentlich-Rechtlichen wird derweil geschunkelt, geknuddelt und allenfalls im Sonntagskrimi kracht es mal im angepasst sozialkritischen und meist Gesellschaftsklischees unterlegenen Tatort. Die Dora Heldt Verfilmung schwimmt derweil mit im Strom seichter Unterhaltung auf geistigem Niveau unterer, verstaubter Schubladen. "Tante Inge haut ab" handelt, genau wie der heute im ZDF zu sehende Spielfilm, von einer nervigen, von überbewerteten Alltagsproblemen geplagten Mittelstandsfamile auf Sylt. Am anschaulichsten gelang Heldt hier noch die Beschreibung der Sylter Landschaften, der Dünen und der üppigen Vorgärten, die die Heldin des Buches,  mittlerweile im Ruhrpott gestrandet , so vermisst. Ansonsten werden Dialoge quälend oft wiederholt, bis auch dem zurückgebliebensten Leser die sich träge entwickelnde Geschichte verständlich gemacht wird. Allerdings zählen bei Büchern natürlich eher Verkaufszahlen als Attraktivität in der werberelevanten Zielgruppe, zu der auch Ich gehöre. Dem dtv Verlag (www.dtv.de) sei das Verlegen dieser faden Romane also verziehen - was sich gut verkauft wird, wird verkauft. Dem ZDF wünscht man doch etwas mehr Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein, schließlich werden die GEZ Gebühren nicht nur von den Altersgruppen über 49 bezahlt, das Programm sollte also auch für Zielgruppen unter dem Pensionsalter etwas zu bieten haben.

Sonntag, 8. Januar 2012

Die Affäre Wulff oder eine unendliche, quälend langsame Geschichte

Diskussionen über Diskussionen. Abtreten oder nicht? Beichte, Schuld und Sühne. Als Medienkonsument denkt man schon länger nicht mehr darüber nach, ob und inwiefern Wulff sich etwas zuschulde hat kommen lassen, sondern: "Kann mal einer etwas tun, um diese endlos dröge Geschichte zu beenden?". Das größte Problem des Bundespräsidenten Wulff ist oder war wohl sein katastrophales Krisenmanagement. Schonmal etwas von Transparenz gehört? Oder auch anderen Regeln der professionellen Öffentlichkeitsarbeit, wie sie hier zu finden sind:

http://www.pr-professional.de/content.php?siteid=207&contentid=534 (von Frau Plehwe)

Regel Nr. 1: Authentizität siegt

-> nimmt mehr und mehr ab...leider.

Regel Nr. 2: Wertschätzung durch Individualität

Regel Nr. 3: Die Kunst des Zuhörens

... oder auch: seine Gegenüber Ernst nehmen und vor allem nicht seine Bevölkerung für dumm verkaufen.


Regel Nr. 4: Emotionen sind der Schlüssel zur Seele

...kann funktionieren..für einen Bundespräsidenten zugegebenermaßen etwas lasch! Wer will das sehen?


Regel Nr. 5: Die Kraft der Mobilisierung

Regel Nr. 6: Wer zuerst loslässt, gewinnt

Regel Nr. 7: Das größte aller Geschenke ist Gemeinsamkeit

... schwierig. Er reich, wir arm. Er Bundespräsident, wir Ottonormalvolk.

Regel Nr. 8: Keine Angst vor neuen Wegen
 
Regel Nr. 9: Königsweg Crossmedialität

Regel Nr. 10: Messen, Lernen, Messen

Und jetzt? Natürlich muss weiter diskutiert, gequält, geschrieben und gebloggt werden zum Thema Wulff. Bis es allem zum Hals raushängt, wenn es das nicht schon längst tut. Aber bis er keine akzeptable öffentliche Entschludigung und Klarstellung zu Stande bekommt, kann man die Dinge nicht ruhen lassen. Das sind wir der Demokratie schuldig.


Übrigens, sogar Carmen Mioska bezeichnet soeben die Wulff Story als "quälend". Danke für diese Zustimmung, Frau Mioska. Die gesamte Sendung findet Ihr unter
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/nachrichten/#/hauptnavigation/nachrichten